tags im museum [Serie 05|2020]

MAX ZWEI

Nach unendlich erscheinenden Wochen der Banalisierung des Alltags, der nur noch zwischen dem Anblick leerer Klorollenregale und dem täglichen Flimmern des Corona-Brennpunkts zu oszillieren schien, kam im Mai 2020 die erlösende Nachricht, man dürfe sich im öffentlichen Raum wieder der Kunst widmen. Zeitgemäß natürlich keine Kunst ohne eines der omnipräsenten Hygienekonzepte - wobei dies immer so klingt, wie die Aufforderung wenigstens mal frisch geduscht zu erscheinen.

Es wurde auch explizit davor gewarnt Rucksäcke und Ähnliches mitzubringen, seien doch die Garderoben nicht besetzt und die Schließfächer limitiert. Also besser keinen Rucksack mitnehmen, wollte man doch nicht, beim erwarteten Anstrum der nach Kunst dürstenden Massen, noch in eine zweite Schlange für die Schließfächer gezwungen werden. Diese Vision, der vom Kunstentzug ausgehungerten Massen, wurde aber schon bei Annäherung an den Ausstellungsort von der Realität eingeholt. Statt der erwarteten Schlange bis zum Hauptbahnhof nur eines: gähnende Leere! Und drinnen? Das gleiche Bild. Nur eine handvoll Besucher/innen verliefen sich in den weiten Räumen.

Auch zwei Monate später hatte sich dies, zumindest der subjektiven Wahrnehmung nach, nicht verändert. Während der Ballermann, kaum geöffnet, schon wieder von Partytouristen überquoll, Hygienekonzept hin oder her, blieb der Ansturm auf die Stätten der Kunst recht überschaubar. Wird hier offenkundig, wo die Prioritäten der Menschheit so liegen?! Auch wenn die Antwort auf diese Frage leider offensichtlich zu sein scheint, kann dies nicht bedeuten aufzugeben. In diesem Sinn, viel Spaß mit meiner Interpretation der Interaktion mit Kunst in Zeiten viraler Reproduktionszyklen!

Copyright R-M Diedrich